8 Merkmale für Überforderung im Joballtag

Wie sie anhand von acht Merkmalen Überlastungs-Sympome erkennen können und woran Sie merken, ob bei Ihnen, Ihren Mitarbeitern oder in Ihrem Team alles rund läuft

Als Resilienzberater, Trainer und Coaches arbeiten wir im Rahmen der oragnisationalen und individuellen Resilienzförderung an verschiedenen Stellschrauben um die Kompetenz des gesamten Systems zu erhöhen. Zum einen sind vor allem Führungskräfte gefordert ein Arbeitsklima zu fördern in dem Resilienz gedeihen kann, zum anderen trägt jeder Mitarbeiter selbst einen großen Teil der Verantwortung dafür, rechtzeitig zu bemerken wann eine Überforderung eingetreten ist und wann es an der Zeit ist, an den persönlichen oder arbeitsorganisatorischen Rahmenbedingungen etwas zu verändern.

So ist eine zentrale Frage, die mir Mitarbeiter und Führungskräfte immer wieder stellen: „Woran erkenne ich denn, ob die Resilienz bei mir, bei meinem Mitarbeiter oder in meinem Team nachgelassen hat und woran erkennen ich, dass alles rund läuft?“  In diesem Beitrag möchte ich auf diese häufig gestellte Frage ausführlicher eingehen und an acht Merkmalen aufzeigen woran man eine Überlastung erkennen kann und welche Anzeichen für eine angemessene Belastung sprechen.

Ein Beitrag von Ella Gabriele Amann

Beitragsinhalt:

  • Was zeichnet resiliente Mitarbeiter aus?
  • Wenn die Resilienz im Berufsalltag schwindet.
  • 8 Symptome an denen Sie Überlastung im Joballtag erkennen.
  • Wie Resilienz systematisch wieder aufgebaut werden kann.
  • Die Kompetenz- und Entwicklungsfelder der Resilienzförderung nach dem Bambus-Prinzip®.

 

Vom Umgang mit Veränderung in einem agilen Zeitalter

Ob Führungskräfte und Mitarbeiter die Phänomene der sog. VUCA WELT und die permanenten Erneuerungen und den schnellen Wandel unserer Zeit als eine schwierige und belastende Situation oder sogar als eine Krise einstufen, hängt weniger mit den objektiven Gegebenheiten zusammen, sondern mit der Frage, wie Sie ihre Kompetenzen, Talente und Fertigkeiten situativ beurteilen.

Sind Mitarbeiter der festen Überzeugung, dass sie einen Job für den Rest ihres Lebens haben sollten, dann werden sie von der neuen Realität des aktuellen Wirtschaftslebens ständig enttäuscht. Sie setzen sich selbst unter hohen Leistungsdruck und erhöhen ihr Stress-Level. Das Ideal von der neuen kreativen und dynamischen, agilen Arbeitswelt, der Traum vom Flow und dem Leben, welches einem alle Chancen bietet, die man sich nur wünschen kann, zerplatzt wir eine Seifenblase.

Lernen Mitarbeiter aber mit der Zeit zu gehen, und sich so anzupassen, dass Sie dabei Ihre Talente und Begabungen entfalten können, dann können Sie langfristig zum aktiven Gestalter von Veränderungsprozessen werden, und mit den einhergehenden Problemen leichter und konstruktiver umgehen.

Fragen an die organisationale Resilienzförderung:

  • Besitzen Mitarbeiter ein sicheres (Selbstwert-) Gefühl und haben sie den Eindruck, dass sie mit der neuen Herausforderung klarkommen? Vertrauen sie ihrem Können, ihren Erfahrungen und ihrem Improvisationstalent im Umgang mit dem Neuen?
  • Sind Mitarbeiter von Führungskräften umgeben, die sich über ihre Vorbild- und Mentorenfunktion im Klaren sind? Schenken Führungskräfte Ihren Mitarbeitern ein regelmäßiges, konstruktives Feedback über ihre Leistungen? Bringen sich Teammitglieder gegenseitiges Vertrauen entgegen?
  • Werden im Unternehmen die spezifischen Talente und Begabungen gefördert? Kennen Mitarbeiter ihre Stärken und Herausforderungen? Wird kontinuierlich für Rollen- und Aufgaben-Klarheit gesorgt und
  • stehen Unternehmen zu den Werten, Visionen und Entwicklungschancen, die beim Einstellungsgespräch noch versprochen wurden? Welche Erwartungshaltungen besitzen die Mitarbeiter gegenwärtig selbst an ihr Leben, an ihre Arbeit, an die Menschen, mit denen sie zusammenarbeiten? Was erwarten und brauchen sie von ihren Führungskräften, der Gesellschaft und dem Kulturkreis in dem Sie leben?

Die Frage, ob Mitarbeiter resilient und mit einer gewissen Beweglichkeit, Flexibilität und inneren Spannkraft auf das Ungewisse reagieren können, hängt wesentlich davon ab, ob sie sich, auf Basis ihrer Fähigkeiten und Talente, zutrauen mit der anstehenden Situation gut umgehen zu können. Sie müssen sich ihrer Bedürfnisse bewusst sein und benötigen das Erleben von Sinnhaftigkeit und Selbstwirksamkeit in ihrem Tun. Resilienz ist verbunden mit einem Gefühl von innerer Sicherheit, Stärke, Selbstvertrauen, Zuversicht und Selbstbewusstsein.

Was zeichnet resiliente Mitarbeiter aus?

Resiliente Menschen können leichter akzeptieren, dass Krisen, Krankheiten und belastende Ereignisse zum Leben dazu gehören. Sie können mit raschen Veränderungen besser umgehen, können sich leichter anpassen und sich flexibler auf die sich immer wieder ändernden Arbeitsbedingungen einstellen. Sie lassen sich von Neuerungen nicht so leicht abschrecken oder in Angst versetzen – stattdessen reagieren sie mit Interesse und Neugierde.

Erleben sich Führungskräfte und deren Mitarbeiter, auch in kritischen Situation, als Menschen, die selbst etwas bewirken, mit beeinflussen und gestalten können, entwickeln sie die Motivation und Bereitschaft, immer wieder Neues zu wagen und hinzuzulernen. (Amann, Resilienz 2014)

Der Resilienz-Begriff

Der Begriff Resilienz umschreibt „die Fähigkeit, starke seelische Belastungen, ungewöhnliche Entwicklungsrisiken, auch erlebte Traumata unbeschadeter zu bewältigen, als zu erwarten stünde“. Resilienz bezeichnet die Fähigkeit eines Menschen, sich trotz widriger Umstände, trotz Niederlagen, Kümmernissen und Krankheiten immer wieder zu fangen und neu aufzurichten. Resilienz steht für die psychische und physische Widerstandskraft eines Menschen, Lebenskrisen, Krankheiten oder andere belastende Lebenssituationen zu meistern. Synonym steht Resilienz auch für: psychische Elastizität. Der Volksmund kennt den Begriff des Stehaufmännchens.

Der Begriff Resilienz stammt – ähnlich wie auch der Stressbegriff – ursprünglich aus der Physik und bezeichnet in der Werkstoffkunde die Fähigkeit eines Werkstoffs, sich verformen zu lassen und dennoch in die ursprüngliche Form zurückzufinden.

engl. resilience = Elastizität, Spannkraft
lat. resilire = zurückspringen, abprallen

Wenn das Gefühl von Selbstwirksamkeit langsam schwindet

Eine der wichtigsten Aspekte beim Resilienz-Training für Mitarbeiter ist die Stärkung der allgemeinen Selbstwirksamkeit. Gefühle wie Ohnmacht, Hilflosigkeit und Überforderung entstehen am Arbeitsplatz vor allem dann, wenn das Gefühl vorherrscht einer Situation ausgeliefert zu sein, nicht mehr ausreichende Mittel, Fähigkeiten und Ressourcen zu besitzen, um die Situation meistern zu können. Die Folge: Körper, Geist und Seele reagieren mit Stress. Hält das Gefühl an, mit Dauerstress. Eine Teufelsspirale entsteht, aus der der Mitarbeiter oft nicht mehr allein herauskommt.

Auslöser für chronischen Stress und Überforderungsgefühlen

  • Neue und meist zusätzliche Aufgabengebiete, für die noch keine Bewältigungs- und Handlungsroutinen entwickelt werden konnten (Überforderungsgefühl)
  • Neue Arbeits- und Organisationsstrukturen, für die noch keine Bewältigungs- und Handlungsroutinen entwickelt werden konnten (Verunsicherungsgefühl)
  • Hohe interne und externe Erwartungshaltungen, Ansprüche und Zielsetzungen, die derzeit nicht erfüllt werden oder realistisch besehen auch nicht erfüllt werden können (Versagensgefühle)
  • Unklare, sich überlagernde Rollen, Funktionen, Verantwortlichkeiten und Aufträge, die dem Klienten offiziell oder inoffiziell zugewiesen wurden oder die der Klient an sich gezogen hat. (Konfusion, Verwirrungsgefühle)

Steht der Mitarbeiter vor einer neuen Herausforderung gibt es zunächst keine vollständigen Referenzerfahrungen. Er kann nicht sofort auf vergleichbare Situationen zurückgreifen, in denen er eine solche Überforderungssituation schon einmal gemeistert hat. Vielmehr lernt er zur Meisterung der Situation alte Erfahrungen mit neuen Lernerfahrungen zu verknüpfen.

Dieser natürliche Anpassungsprozess gelingt dem von Natur aus resilienten Mitarbeiter mehr oder weniger gut, ohne, dass er sich der einzelnen Phasen oder Schritte bewusst ist. Mitarbeitern, deren Resilienz in einem bestimmten Lebens- oder Arbeitskontext nachlässt, gelingt dieser Anpassungsprozess weniger gut. Sie geraten unter Stress, empfinden ihre Arbeits- oder Lebenssituation als unbefriedigend oder erleben sogar eine Krise.

Acht Merkmale für Überforderung im Joballtag

Überforderungs- und hohe Belastungsphasen werden sehr unterschiedlich erlebt. Die nachfolgenden Symptome werden in unseren Weiterbildungen von Betroffenen – in unterschiedlicher Intensivität -immer wieder geschildert:

Merkmal 1: Optimismus und Selbstwert sinken

Haben sich die Arbeitsbedingungen (z.B. durch die Einführung neuer Arbeitszeiten, Veränderungen im privaten Umfeld oder Restrukturierungsmaßnahmen) verändert und kann hierdurch die Arbeit über einen längeren Zeitraum nicht mehr wie gewohnt in der gleichen Qualität oder im gleichen Tempo erledigt werden, wird das Selbstbild als schwach, unfähig und hilflos wahrgenommen. Zugleich entstehen Scham und Schuldgefühle. Die Summe der Aufgaben und Rollen ist vielleicht zu viel geworden, die einzelnen Arbeitsaufgaben können mit den vorhandenen Ressourcen und Fertigkeiten nicht mehr erfasst und kontrolliert werden. Gleich welche objektiven Gründe vorliegen mögen. Die Situation wird meistens als ein persönliches Scheitern erlebt. Anstatt z.B. Arbeitsaufträge oder die Arbeitsorganisation zu verändern, reagiert der Mitarbeiter mit starken Selbstvorwürfen und fühlt sich unzulänglich.

Merkmal 2: Überakzeptanz der Hilflosigkeit und Grenzüberschreitungen

Ungesunder Stress, z.B. durch chronische Überforderung oder durch zu hohe Erwartungshaltungen, entsteht nicht sofort. In der Regel braucht es hierzu einige Monate, manchmal auch Jahre, bis der Mitarbeiter, bzw. die Führungskraft an ihr Limit kommt. Ist es dann so weit, kann das kaum akzeptiert werden („Es ging früher doch auch!“). Anstatt die Situation zu klären und zu verändern, wird Stillschweigen bewahrt. Und es wird an alten Verhaltens- und Erfolgsstrategien festgehalten. Mehrarbeit wird z.B. mit unbezahlten Überstunden abgefangen, auch dann, wenn diese nicht mehr nur vorübergehend anfällt. Anstatt sich der neuen Situation gegenüber anzupassen, wird wie gewohnt weitergemacht und durchgehalten. Es fehlt an Flexibilität. Der Mitarbeiter reagiert unter Stress im wörtlichen Sinne starrsinnig und rigide. Gleichzeitig wird nach außen so lange wie möglich eine Maske aufrechterhalten, die Stärke, Durchhaltevermögen oder Gelassenheit demonstrieren soll.

Merkmal 3: Die Wahrnehmung des Problemzustandes wird immer größer

Wegen der allgemeinen Arbeitsbelastung fehlt es immer häufiger an der erforderlichen Zeit- und an Ruhefenstern, die dem Mitarbeiter Gelegenheit bieten könnten, sein Verhaltensmuster zu erkennen und mit neuen Ideen lösungsorientiert an das Problem heranzugehen. „Wie könnte eine Entlastung aussehen? Was müsste in der Arbeitsorganisation verändert werden? Wie könnten verschiedene Lösungsszenarien für das gesamte Team aussehen?“

Merkmal 4: Körperliches und psychisches Ungleichgewicht

Der Mitarbeiter spürt eines Tages körperlich und psychisch, dass es so nicht mehr weitergeht. Es fällt ihm aber schwer auf die Signale zu hören und in der Phase von Stress und Überforderung gut für sich zu sorgen. Die Fähigkeit zur Selbstregulation nimmt ab. Auszeiten fehlen, immer öfter auch Ruhe- und Regenerationszeiten. Zuviel Arbeit wird nach wie vor mit noch mehr Arbeit beantwortet. Dies kann sich auch auf den Sport auswirken, der noch extremer gemacht wird als sonst und hierdurch zur weiteren Erschöpfung beitragen kann. Alltagsbewegung, gute Ernährung, ausreichend Schlaf – all dies wird ersetzt durch Essen, Trinken, Aufputschmittel u.v.m.

Merkmal 5: Entscheidungsunfähigkeit und Rückzug aus der Verantwortung

Der Klient fühlt sich immer mehr als atemloser Hamster, der das Rad nicht anhalten kann. Die anderen sind schuld. Entscheidungen bleiben liegen. In der Führung entsteht ein Vakuum. Das Unternehmen, die Vorgaben, die Vorgesetzten, die Mitarbeiter, die Kunden, die Wirtschaftslage. Das Gefühl der Ohnmacht ist stark. Kleine Anläufe etwas zu verändern haben ja eh nichts gebracht. Die Kraft alles auf einmal zu steuern und zu beeinflussen ist nicht da. Und wo sollte man auch anfangen? Die Belastungen sind einfach zu hoch. Die Überzeugung, selbst nichts mehr tun zu können wird stärker. Die Frustrationstoleranz, wenn Veränderungsversuche nicht gleich etwas bringen, nimmt ebenfalls ab.

Merkmal 6: Falsche Tapferkeit

Die Situation wird noch dadurch verstärkt, dass es ja allen anderen auch so geht. Der, der nicht überfordert ist, ist draußen. Der, der sich abgrenzen und nein sagen kann, wird schräg angesehen. Der, der gut für sich sorgt, muss dies heimlich tun. Denn in ist, was uns nicht guttut. Vor allem fällt es schwer nach Hilfe und Unterstützung zu fragen. („Wie sieht das denn aus? – Die denken dann ich komme nicht klar!“) Wir müssen leisten und uns beweisen können. Schwäche ist tabu. „Ich schaff das schon alleine.“ – „Bisher habe ich das ja auch immer allein geschafft! Es soll auch keiner mitkriegen, dass ich überfordert bin. Da wartet dann schon der nächste auf meinen Job.“ Die inneren Antreiber und Glaubenssätze sind umfangreich, meist unbewusst und beherrschen das Geschehen auf der Basis alter Automatismen und Stressmuster. Ohne Unterstützung von außen sind stark Betroffene oft nicht mehr in der Lage, einen gesunden Anpassungsprozess zu initiieren.

Merkmal 7: Verlust der Zukunftsperspektive und von Sinnhaftigkeit

Der Mitarbeiter verliert nach und nach seine Perspektive. Anstatt strategisch zu agieren und sein Leben bewusst zu gestalten, reagiert der Mitarbeiter nur noch von Moment zu Moment. Er stoppt nicht, verändert seine Verhaltensstrategie nicht, passt sich nicht den neuen Bedingungen an und verausgabt sich völlig. Oft fehlt es an adäquaten Lebens-Visionen, unklare Werte, alte Glaubenssätze und überholte Lebensziele bestimmen immer noch sein Handeln. An die Zukunft kann man auch noch morgen denken. Die wenn … dann … Strategie bestimmt die Lebensplanung. „Wenn ich die Beförderung habe, dann mache ich erst mal Urlaub!“, „Wenn wir das Haus abbezahlt haben, dann kann ich mich entspannen!“, „Ich spare mir den Schlaf für andere, bessere Zeiten auf.“, „Die Arbeit wird schon eines Tages weniger werden, es kommen auch wieder ruhige Zeiten.“

Merkmal 8: Die Angst vor dem Ungewissen nimmt überhand

Schließlich lässt die Arbeitsqualität nach, ständig kommen neue Aufgaben herein, nichts kann befriedigend erledigt werden, der Klient verliert seinen Arbeits-Rhythmus. Unvorhergesehene Dinge werden zu einem tagesbestimmenden Horrorszenario. Ungewissheit löst immer mehr Angst und Stress aus. In einer Arbeitswelt, die zudem immer noch von der Illusion einer 100%igen Perfektion und Planungssicherheit genährt wird, löst das Gefühl täglich improvisieren zu müssen, Angst und Panik aus.

Resilienz-Coaching- und Training nach dem Bambus-Prinzip®

Im Rahmen des Resilienz-Zirkel-Trainings nach dem Bambus-Prinzip® stärken wir die Resilienz der Organisation und die des Mitarbeiters auf acht Ebenen. Er lernt seine Ressourcen zu aktivieren, das Entstehen von Krisen im Vorfeld zu vermeiden und mit akuten Herausforderungen, Problemen und Krisen leichter, schneller und besser umzugehen. Wir arbeiten bei der Resilienzförderung mit einem zirkulären System und der systematischen Aktivierung von acht Kompetenz- Lern- und Entwicklungsfeldern, die in steter Wechselwirkung zueinanderstehen.

 

„Happiness is an inside Job!”

Optimismus aufbauen und positives Selbstbild stärken

Ist z.B. die Summe der Aufgaben und Rollen zu viel geworden, sorgt die Transparenz über die einzelnen Bestandteile für Übersicht und Orientierung. Wenn es auch für die Gesamtsituation keine positive Referenz geben mag, so aber für die Bewältigung seiner Einzelteile. Diese werden im Coaching sichtbar gemacht, geordnet und sie verlieren dadurch an Bedrohlichkeit. Für die Bewältigung der einzelnen Problemstellungen werden Referenzerfahrungen gesammelt und Ressourcen aktiviert. Zugleich werden die vorhandenen Kompetenzen aufgezeigt und das ins Licht gerückt, was gut funktioniert. Erfolgserlebnisse werden sichtbar und bewusstgemacht. Die Ausnahmen von der Regel sind der Anfang eines generellen Wahrnehmungs- und Perspektivwechsels, der Schritt für Schritt eingeleitet wird. Die Sprache des Klienten wird untersucht: Wie redet er über sich und über die Ereignisse? Welche Glaubenssätze, welche Antreiber sind aktiv/deaktiviert?

Akzeptanz und Realitätssinn entwickeln

Der Mitarbeiter zieht im Rahmen des Trainings oder Coachings eine Energie-Bilanz und bekommt durch die Dokumentation und genaue Erfassung des Ist-Zustandes ein realistischeres Bild von den tatsächlichen Belastungen. Rollen und Aufgaben werden gesammelt, umfassend dargestellt, auf die vorhandene Arbeitszeit übertragen etc. Unkonkrete Bilder und innere Stimmen und Gefühle werden so überprüft. Es kann dann mehr Arbeit sein als gedacht, aber auch weniger – beides hilft, eine neue Sichtweise zu entwickeln: Ist es mehr als gedacht/gefühlt/gesehen, dann reagiert der Klient oft mit größerem Verständnis für sich selbst, manchmal sogar mit Anerkennung und Stolz. „Ich bin ja doch nicht so schlecht wie ich dachte!“ Ist es weniger, dann kann es ihn beruhigen, das Leben wird gleich leichter, die Aufgaben überschaubarer.

Der Klient erhält jetzt einen realistischen Vergleichsmaßstab. Wäre das früher wirklich auch gegangen? Ist heute nicht eine völlig neue Situation eingetreten? Und wie soll sich die Situation ab morgen verändern? Auch ein Update seines Fähigkeiten-Profils hilft realistisch anzuerkennen und zu akzeptieren, dass ausreichende Fähigkeiten und Ressourcen vorhanden sind, um die Situation zu meistern. Klar wird, wo es noch Lernfelder gibt, wo Unterstützung gebraucht wird und wo schlicht nur Abgrenzung hilft. Der Coach kann in diesem Kontext den Klienten durch verschiedene Interventionen stützen und stärken.

Wege zur Selbstregulation und Selbstfürsorge eröffnen

Nach einer gründlichen Bestandsaufnahme der Belastungssituation ist der Klient in der Regel offener und aufgeschlossener zu erkennen und wahrzunehmen, wie es ihm körperlich, seelisch und geistig gerade geht. Stress-Symptome werden anerkannt und herausgearbeitet, Gegenmaßnahmen aufgezeigt. Wichtigster Punkt: Die Zeit für sich selbst wiederfinden, sich Auszeiten nehmen und regenerieren. Der Coach erarbeitet mit dem Klienten, was er gerne macht, was ihm gut tut und eröffnet ihm vielleicht auch den Zugang zu anderen Verfahren und Entspannungstechniken. Die Wertigkeit der Selbstachtung und Selbstfürsorge wird erhöht und ggf. durch angepasste Glaubenssätze und neue Motivatoren gestützt.

Lösungsorientiertes Handeln und kreatives Denken trainieren

Das Problemdenken des Mitarbeiters wird nach und nach auf die Lösung fokussiert. Er lernt neue Fragestellungen und Selbst-Coaching-Ansätze kennen, bei denen nicht mehr das Problem, sondern die Lösungsfindung im Vordergrund steht. So kann er in der Kommunikation mit sich selbst und mit anderen, Schritt für Schritt nach vorne sehen. Kreativtechniken helfen ihm bei der Ideenfindung zu der Frage: „Was möchte ich an der jetzigen Situation verändern und wie?“ Gemeinsam mit dem Coach lernt der Klient, dass es Sinn macht, sich für die Suche nach der Lösung ab und zu Zeit zu nehmen.

Übernahme von Selbstverantwortung und Durchsetzungskraft stärken

Der Mitarbeiter erkennt Schritt für Schritt, dass es keinen Sinn macht, andere für seine Situation verantwortlich zu machen. Er kann nun wahrnehmen, inwieweit seine eigenen Einstellungen, Haltungen und Handlungen mit ursächlich dafür sind, dass sich die Situation noch nicht zum Besseren gewendet hat. Herausgearbeitet werden die nächsten kleinen Schritte, die der Klient gehen, steuern und beeinflussen kann. Die Vorstellungen von Leistung und Erfolg werden überprüft. Jede kleine Veränderung ist gut, ein erster Schritt, dem ein zweiter folgen kann. Konkrete, wohlgeformte Ziele, die nächsten Schritte und Todos werden erarbeitet. Oft braucht es hier auch eine Intervention, die es dem Klienten leichter macht, anderen „Schuldigen“ zu verzeihen oder sich von eigenen Schuldgefühlen zu befreien.

Beziehungsgestaltung und Networking fördern

Die Zusammenarbeit mit einem Coach ist schon ein großer Schritt. Wo gibt es weitere Unterstützung? Inder Familie, im Unternehmen, in Netzwerken etc. Wer kann helfen, mit wem kann man Erfahrungen austauschen. Wo gibt es Tipps und Ratschläge? Aber vor allem, wie kann ich den Kontakt zu wichtigen Menschen wieder aktivieren, die mir Kraft und Rückhalt geben. Auch frühere Mentoren, verstorbene Bezugspersonen und Familienmitglieder können hier wieder aktiviert und als Ressource integriert werden. Die Einstellung des Klienten wandelt sich: Um Hilfe zu fragen ist auch ein Zeichen von Stärke, Klugheit, Selbstbestimmung.

Zukunftsgestaltung, Visionen und Werte

Für eine nachhaltige Veränderung der Lebensführung, von Lebenseinstellungen und Haltungen ist die Visions- und Wertearbeit ein zentraler Bestandteil des Resilienz-Coachings. Nach welchen Werten und Maßstäben möchte ich zukünftig leben? Welche alten Ziele möchte ich noch weiterverfolgen, welche vielleicht auch aufgeben? Welche neuen Interessen und Lebensziele sind für mich maßgeblich? Welche Vision habe ich vom Leben, von der Zukunft? Welche neuen Erfahrungen möchte ich später einmal gemacht haben?

Improvisationstalent nutzen und Lernbereitschaft fördern

Der Klient erfährt, dass er hier und jetzt mit der Neugestaltung seines Lebens beginnen kann und wie wichtig dabei Lernprozesse sind, wie sie stattfinden und wie wertvoll dabei sein Improvisationstalent ist. Es hilft ihm nicht nur aus vertrauten Routinen immer wieder etwas Neues zu kreieren – es hilft ihm ebenso mit neuen Herausforderungen und dem Unbekannten besser umzugehen. Maßgeblich ist die Entwicklung einer, für manche Klienten noch völlig neuen Innovations-, Experimentier- und Fehlerkultur für die eigene Lebensgestaltung. Was heißt es kreativer, spontaner, phantasievoller und selbstwirksamer zu leben? Was bedeutet es, nicht immer einen 100%igen Plan zu haben, doch immer zu wissen, wo man gerade ist, was man gerade tut und welche Konsequenzen sich daraus für die eigenen Entscheidungen ergeben?

Das Neue ist nichts wovor man Angst haben muss, wenn man es als einen guten alten Bekannten begrüßt.
Ella G. Amann

 

Zusammenfassung:

Beim Resilienz-Konzept gehören Krisen und Probleme zum normalen Leben dazu. Krisen werden nicht um jeden Preis gemieden oder geleugnet. Die Frage ist nicht, ob es Krisen in meinem Leben gibt, sondern wie ich mit der Krise umgehe. Auch resiliente Menschen sind verletzlich und verletzbar. Jedoch verfügen sie über schützende Bedingungen in ihrer Person und/oder Umgebung, die ihnen helfen, schwierige Situationen besser zu meistern.

Resilienz ist keine Methode oder Technik, sondern ein Metamodell, welches günstige Faktoren, Eigenschaften, Einstellungen, Strategien und Verhaltensweisen beschreibt, welche dienlich sind, Krisen zu meistern und im besten Falle gestärkt aus Ihnen hervorzugehen.

Die Resilienzforschung hat eine Reihe von lern- und trainierbaren Fertigkeiten herausgearbeitet, welche die Widerstandsfähigkeit eines Menschen erhöhen können; dabei gilt: jeder Mensch hat andere Fertigkeiten, um sein Leben zu meistern. Im Umgang mit Krisen zeigt jeder seine eigene Handschrift. Ebenfalls gibt uns die Resilienzforschung Hinweise darüber, wie wir unser familiäres und soziales Umfeld und unseren Arbeitsplatz so gestalten können, dass er resilienzfördernd wirkt.

Fertigkeiten, die resiliente Menschen mitbringen und

  • Darauf eingestellt sein, dass eine schwierige, neue Situation vorliegt bzw. immer kommen kann
  • Sich der eigenen Fähigkeiten bewusst sein, soziale Kompetenzen ausbauen
  • Eine Situation realistisch einschätzen
  • Sich immer wieder kreativen Freiraum schaffen lösungsorientiert vorgehen
  • Eigeninitiative zeigen, Verantwortung übernehmen
  • Keinen Selbstvorwürfen erliegen, das eigene Selbstwertgefühl stärken
  • Netzwerke und Beziehungen pflegen – eine wertschätzende Grundhaltung entwickeln
  • Rechtzeitig nach Unterstützung fragen und mit anderen zusammenarbeiten
  • Auf verschiedene, situationsangemessene Stressbewältigungsstrategien zurückgreifen können
  • Eine produktive Lern- und Fehlerkultur pflegen

Resilienzförderung heißt daher lebenslanges Lernen fördern.
Es gilt ein Arbeitklima zu schaffen, in dem immer wieder neue Erfahrungen gesammelt werden können und kontinuierliche Anpassungsprozesse möglich sind. MitarbeiterInnen benötigen Zeit und Raum um die kleineren und größeren Krisen des Alltags bewältigen zu können. Nur, wenn sie den Prozess vollständig durchlaufen, können sie ihr volles Potential an Fertigkeiten und Talenten entfalten.

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